Der Wahrheit verpflichtet
Ich bin über einen interessanten Post von Simone Fasel gestolpert, indem sie auf das Pro-Truth-Pledge-Projekt, das von Titus Benton initiiert wurde, aufmerksam macht.
Die Verbreitung von Meinungen, Halbwahrheiten oder schlichtweg Lügen ist in den letzten Jahren zunehmend "gesellschaftsfähig" geworden, wie es scheint. Das wohl populärste Beispiel ist die orangene Witzfigur, deren eine Mitarbeiterin ja sogar den absurden Begriff der alternativen Fakten kreiert hat. Das Projekt Pro-Truth-Pledge hat sich der Sache verschrieben, dem entgegenzuwirken. Das finde ich grundsätzlich eine gute Sache.
Auch im Hundesektor sind alternative Fakten aller Art ein Problem. Vor allem, wenn sie selbstbewusst vorgetragen werden. Und besonders, wenn die- oder derjenige, der sie verbreitet, ggf. auch noch einen gewissen medialen Bekanntheitsgrad hat, werden sie – vor allem von ratsuchenden Hundehaltern – (zunächst) unbesehen für wahr gehalten und an- bzw. übernommen. Der vermeintliche Profi-Bonus ist hierbei ein starker Trigger, den Aussagen Glauben zu schenken.
Fachgerechtes Hundetraining basiert jedoch nicht auf Meinungen, sondern auf wissenschaftlichen Fakten. Es ist daher sinnvoll, Aussagen immer zu überprüfen, bevor man sie für sich akzeptieren kann. Das ist oft auch im Kleinen möglich, also ganz ohne selbst zwingend Expertenstatus zu erlangen, ohne komplizierte Recherchen zu betreiben und Studien zu lesen. Wann immer man kann, ist es hilfreich, eine Gegenprobe zu machen. Hier ein Beispiel: Es ist eine weit verbreitete Falschaussage, dass Welpen in einem bestimmten Alter eine Angstphase haben und es demnach normal ist, wenn sie sich vor Dingen fürchten, bestimmte Reize oder Situationen ängstlich meiden oder zu fliehen versuchen. Eine Gegenprobe könnte so aussehen: Wenn es normal wäre, dass Welpen diese Angstphasen haben, würde ja gelten, dass alle gesunden und normal entwickelten Welpen diese Phase durchlaufen. Was aber ist mit einem Welpen, der munter, aufgeschlossen und neugierig ist und der sich im gleichen Alter ohne Mühe den gleichen Reizen und Situationen stellen und diese problemlos meistern kann? Ist dieser Hund dann gestört, weil er nicht die angeblich ganz normale Angstphase durchläuft? Nein, natürlich nicht. Es gibt nämlich keine allgemeingültige "Angstphase". Angst hat eine Ursache. Diese herauszufinden und möglichst zu lösen wäre besser, als eine vermeintliche Angstphase als "gottgegeben" zu deklarieren bzw. solch eine Aussage einfach zu akzeptieren. Im Fall der Akzeptanz der Falschaussage gilt schließlich, dass die Einstellung gleichzeitig auch ist, dass es keinen Handlungsbedarf gibt.
Nebenstehend findest du die von der Website kopierte Übersetzung des Pro-Truth-Pledge-Projekts.
Pro-Truth Pledge in German (Link zum Originalpost)
By Dr. Gleb Tsipursky on November 24, 2017 (updated on September 7, 2019)
Der Eid der Wahrheit
Hiermit schwöre ich in gewissenhaftem Streben:
Teile und verbreite die Wahrheit
Überprüfen: Meine Informationen zu prüfen, um zu bestätigen, was wahr ist, bevor ich sie akzeptiere und verbreite.
Abwägen: Die ganze Wahrheit zu teilen, auch wenn einige Aspekte meinen Ansichten widersprechen.
Zitieren: Meine Quellen zu nennen, damit andere meine Informationen nachprüfen können.
Erläutern: Aussagen klar als Meinung oder Tatsache darzustellen.
Ehre die Wahrheit
Bestätigen: Anzuerkennen, wenn andere wahre Informationen teilen, auch wenn wir anderer Meinung sind.
Reevaluieren: Meine Informationen neu zu bewerten, wenn sie herausgefordert werden, und sie zurückzuziehen, wenn sie sich als falsch erweisen.
Verteidigen: Andere zu verteidigen, wenn sie wegen wahrer Aussagen angegriffen werden, auch wenn wir ansonsten anderer Meinung sind.
Orientieren: Meine Meinungen und Handlungen mit wahren Informationen in Einklang zu bringen.
Ermutige zur Wahrheit
Korrigieren: Personen zu bitten, Informationen zurückzuziehen, die von zuverlässigen Quellen widerlegt wurden, auch wenn es sich um meine Verbündeten handelt.
Bilden: Die um mich herum in ehrlicher Überzeugung zu ermutigen, unzuverlässige Quellen nicht zu verbreiten, auch wenn diese Quellen meine Meinung unterstützen.
Vertrauen: Den Meinungen von Experten vorrangig Glauben zu schenken, wenn die Faktenlage umstritten ist.
Anerkennen: Diejenigen anzuerkennen, die falsche Aussagen zurückziehen und ihre Überzeugungen den Tatsachen entsprechend anpassen.
https://www.protruthpledge.org/